Trödelmarkt

Einmal im Quartal verbinde ich meinen Spaziergang durch den Schöneberger Park gern mit einem Bummel über den Trödelmarkt. So manches gute Buch und witzige Bild habe ich dort schon für mich entdeckt.

An einem der Stände halte ich mich stets etwas länger auf. Hier werden die Dinge – anders als an den anderen Ständen – nicht auf die Tische gestellt, sondern in den Kisten verbleibend angeboten.

In jeder dieser Kiste finden sich diverse Haushaltsgegenstände, die scheinbar wahllos durcheinander geworfen wurden. Da dabei auch schon einmal ein Glas zu Bruch geht, muss man sich beim Stöbern stets vor den Scherben in Acht nehmen.

Ich stelle mir vor, wie die Dinge bei Haushaltsauflösungen in den Kartons landen, nachdem deren Besitzer ihre Wohnungen aufgeben wollten oder mussten. Ihre persönlichsten Dinge werden nun von fremden Personen sortiert. Nach unbrauchbaren und weiter verwertbaren. Letztere finde ich nun zum Inhalt einer Kiste geschrumpft auf dem Trödelmarkt.

So erhalte ich Einblick in das Leben fremder Menschen, ohne dass ich diese kannte oder sie es mir erlaubt hätten. Welches Besteck haben sie benutzt, aus welchen Gläsern getrunken? Sind die Tassen so abgenutzt, weil ihre Besitzer keinen Wert auf Äußerlichkeiten legten, sich keine neuen leisten konnten oder weil sie diese bereits von ihren Eltern geerbt und als Andenken geschätzt haben?

Aus dem Inhalt der Trödel-Kisten kann ich mir Familiengeschichten zusammenreimen, die meiner momentanen Stimmung gerecht werden. Und so manches Mal stelle ich mir vor, was wohl aus meinem Leben in einer Kiste landen kann und welchen Schluss diese Dinge auf mich zulassen.

EvN

 

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