Laubpuster

 

Nun ist er da, der Herbst. Mit seinem unwiderstehlichen Duft, seinen fröhlichen, milden Farben, seinem warmen Licht und seinen verspielten Wolkenbildern. Und mit ihm kamen wie jedes Jahr die verhassten Laubpuster.

 

Da lasse ich mir von den Sonnenstrahlen die Nase kitzeln, freue mich über die tanzenden gelben Blätter, die sich einen Spaß daraus machen, eine Punktlandung in meinem Schoß zu absolvieren, und lausche dem Zwitschern der Vögel, die sich genau wie ich über diesen herrlichen Herbsttag freuen, schon geht es los. Das laute, schmutzige Motorengeräusch zerschneidet die Idylle mit roher Gewalt. Die gerade noch schwebenden Blätter werden wie wild in eine Richtung gepeitscht und mit dem gesamten Staub und Schmutz der Stadt vermengt. Ängstlich liegen sie auf einen Haufen gedrängt. Nur vereinzelt kann sich hier und da ein vorwitziges Blättlein in eine versteckte Ecke retten.

 

Und dann verschwindet er. Der König der Herbstsinne. Der Duft. Stattdessen bringen mich die entsetzlichen Abgase des Laubpusters zum Husten. Ein kräftiger Mann hat sich dieses staubsaugerähnliche Gerät auf den Rücken geschnallt und treibt mit dem Rohr das Laub vor sich her.

 

Da erscheint das Bild vor meinem Auge, wie mein Großvater geduldig und sanft mit dem Rechen das Laub vom Rasen holte. Was für ein ruhiger, friedlicher Gedanke. Leider habe ich in Berlin schon seit Jahren keinen Gärtner mit Rechen oder Harke gesehen. Stattdessen scheinen sich die Laubpuster rasant zu vermehren.

 

Vielleicht erlebe ich ja noch, dass wir diese Monster aus unseren schönen Parks verbannen und zu guten alten oder vielleicht zu ganz neuen Methoden der Laubbändigung kehren, bei der sowohl unsere Natur als auch Gesundheit und Nerven geschont werden.

Bis dahin muss der Herbstspaziergang notfalls aus dem Stadtpark in den noch laubpusterfreien Wald verlegt werden.

 

EvN

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